Werberat: AUA Werbung irreführend für Verbraucher
August 29, 2022

Austrian Airlines wurde vom Österreichischen Werberat wegen einer irreführenden Werbung für “CO-neutrales” Fliegen gerügt

Rotterdam/Wien – 29.08.2022 – Diesen Sommer schaltete Austrian Airlines eine Werbung für einen “CO2-neutralen” Flug von Wien nach Venedig zum Besuch der weltberühmten Kunstmesse Biennale. Der Slogan “CO₂-neutral zur Biennale fliegen? Für uns keine Kunst!” ziert dabei das Werbesujet. Die österreichische Fluggesellschaft behauptet, dass dies durch die Verwendung von 100% “nachhaltigem Flugkraftstoff” (Englisch: Sustainable Aviation Fuel – SAF) möglich sei.

Eric Stam aus Rotterdam, Niederlande, fand die Werbung irreführend und reichte eine Beschwerde beim Österreichischen Werberat ein Stam ist Dozent an einer Schule für Luftfahrt und wusste, diese Behauptung war falsch:

“Austrian Airlines verwendet Agrotreibstoff und dieser Treibstoff ist nicht CO₂-neutral, nicht in der Theorie und nicht in der Praxis. Die AUA dachte, sie könnten das Problem mit einer Überkompensation lösen. Das ist ein cleverer Buchhaltungstrick, aber ich habe argumentiert, dass dies für die Durchschnittsverbraucher nicht verständlich ist. Die Werbung suggeriert, dass SAF selbst CO₂-neutral sei, und die Worte “100% SAF” implizieren, dass nur SAF für den Flug verwendet werden. Deshalb habe ich argumentiert, dass der Begriff “SAF” hier nicht ausreicht: Die Verbraucher haben das Recht zu wissen, um welchen Kraftstoff es sich handelt und welche Netto-CO₂-Reduktion damit tatsächlich möglich ist. Es ist sehr irreführend zu suggerieren, dass CO₂-neutrales Fliegen durch Ersatztreibstoffe für fossiles Kerosin, wie sie von den Austrian Airlines verwendet werden, möglich ist.” argumentiert Stam.

Der Werberat stimmte Stam zu und ist der Ansicht, dass den Verbrauchenden suggeriert wird, der beworbene Flug sei CO₂-neutral. Außerdem ist die Mehrheit des Werberats der Meinung, dass diese Werbung nicht ausreichend dem Ethikkodex der Werbewirtschaft entspricht.

“In Zeiten, in denen Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Bevölkerung besonderer Aufmerksamkeit gewidmet sind, bedarf es insbesondere transparenter, klarer und sensibler Kommunikation. Da durch das Sujet eine Irreführung in Bezug auf klimaneutrales Fliegen entstehen könnte, dies jedoch (noch) nicht möglich ist, wird eine sensiblere Gestaltung und vor allem präzisere Ausformulierung betreffend des Werbesujets empfohlen.“ heißt es in der Entscheidung des Österreichischen Werberates.

Die AUA ist Teil des Lufthansa-Konzerns dessen Tochter-Fluggesellschaften aggressiv für das so genannte “CO₂-neutrale Fliegen” werben. Erreicht werden soll es durch Aufforstungsprojekte, den Einsatz von Ersatzstoffen für fossile Treibstoffe (SAFs) oder eine Kombination dieser Maßnahmen. Die Behauptung, man könne fliegen ohne negative Klimawirkung, ist äußerst gefährlich, weil sie die Illusion aufrechterhält, dass wir unser Mobilitätssystem nicht ändern müssen und Flugverkehr nicht reduzieren.

“Diese Greenwashing-Versuche der Fluglinien sind ein Marketing-Gag, um den Eindruck zu vermitteln, dass sie mit ihren Flügen die Klimakatastrophe nicht mitverursachen. Die einzige Möglichkeit, die Emissionen aus dem Flugverkehr schnell genug zu senken, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten, ist weniger Flugverkehr. Statt die Verantwortung auf die Verbraucher*innen abzuwälzen, brauchen wir politische Maßnahmen, die dem Greenwashing einen Riegel vorschieben, den Flugverkehr reduzieren und eine nachhaltige Mobilität fördern”, argumentiert Mira Kapfinger, Mitbegründerin von Stay Grounded.

Das Urteil wird von Fluggesellschaften auf der ganzen Welt mit Spannung verfolgt werden. Im Juli war die niederländische KLM die erste Fluggesellschaft der Welt, die von Fossielvrij NL in Zusammenarbeit mit Reclame Fossielvrij und Client Earth wegen irreführender Werbung verklagt wurde. Auch die Werbung für Ersatztreibstoffe für fossiles Kerosin, sogenannte “Sustainable Aviation Fuel (SAF)”, spielte in dieser Klage eine Rolle.


Weitere Informationen
Beschwerde und Entscheidung des Österreichischen Werberates:https://werberat.at/beschwerdedetail.aspx?id=7374
Europäische Bürgerinitiative zum Verbot von Werbung für fossile Kraftstoffe: https://banfossilfuelads.org/
Französische Studie, die zeigt, wie “waste oils” wie Altspeiseöl, das Austrian Airlines angeblich verwendet, zur Zerstörung der Biodiversität führen und die Nachfrage nach Palmöl steigern: https://stay-grounded.org/flying-with-biofuels-destroys-biodiversity/
Fallstudie Omega Green Agrokraftstoff-Raffinerie: https://stay-grounded.org/agrofuel-case-study/

Über
Eric Stam ist Dozent am Rotterdam The Hague Airport College und war in den Niederlanden bereits mit zwei Beschwerden gegen KLM-Werbung über die Verwendung von Biokraftstoffen und CO₂-neutralem Fliegen erfolgreich. Er hat auch zwei weitere Beschwerden gegen zwei lokale niederländische Flughäfen und die deutsche Fluggesellschaft Green Airlines gewonnen.

Stay Grounded ist ein globales Netzwerk, das mehr als 190 Mitgliedsorganisationen vertritt, die sich für eine Reduzierung des Luftverkehrs und ein klimagerechtes Mobilitätssystem einsetzen, darunter lokale und nationale Flughafen- und Klimakampagnengruppen.