Oil Kills: Globaler Aufstand legt Flüge lahm und fordert ein Ende für fossile Brennstoffe
August 16, 2024
Just Stop Oil supporter holding "Oil Kills" banner, at Heathrow Airport.
Über mehrere Wochen hinweg organisierten Aktivist*innen an Flughäfen in Europa, Nordamerika und Afrika groß angelegte Aktionen unter dem Banner „Oil Kills“ und forderten ein Abkommen, um fossile Brennstoffe bis 2030 auslaufen zu lassen. Die Aktionen machten deutlich, dass die Luftfahrt einen kritischen Bestandteil der globalen fossilen Brennstoffwirtschaft darstellt und zusammen mit Öl, Gas und Kohle schnell auslaufen muss, wenn wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels vermeiden wollen.

Weitreichende Störungen an Flughäfen

Der internationale Aufstand begann am 24. Juli wenige Tage vor Beginn der Olympischen Spiele bei weltweiten Rekordtemperaturen. Die erste Aktion startete um 3 Uhr morgens in Deutschland, als eine Gruppe der Letzten Generation den Zaun des Flughafens Köln/Bonn durchtrennte, sich auf die Rollbahnen klebte und dadurch den Flugverkehr für 4 Stunden zum Stillstand brachten. Aktionen folgten eine nach der anderen: Mehr als 3 Wochen lang legten Aktivist*innen von über 20 Gruppen [1], darunter Stay Grounded und Just Stop Oil, Flughäfen in 14 Ländern in Europa, Nordamerika und Afrika lahm und versammelten sich für friedliche Proteste. Ihre Forderung: ein rechtsverbindliches Abkommen, um Öl, Gas und Kohle bis 2030 auslaufen zu lassen. Unterstützung für ärmere Länder soll einen gerechten Übergang gewähren. Neben direkten Aktionen auf dem Rollfeld setzten die Aktivist*innen eine Vielzahl von anderen Taktiken ein: sie bemalten Flughafeneinrichtungen und -geräte, blockierten Boarding-Türen oder den äußeren Zugang zu Flughäfen, oder störten sogar den Start eines Fluges, als eine Gruppe aufstand und eine Rede hielt, kurz bevor das Flugzeug zu rollen begann. Am Ende der ersten Woche schloss sich Stay Grounded der Kundgebung They Fly, We Die von Fossil Free London an. Der Protest richtete sich gegen die Erweiterung des London City Airport, intensiv genutzt von den Superreichen, das in einem Arbeitergebiet liegt, in dem 7,5% der Todesfälle mit Luftverschmutzung in Verbindung gebracht werden.

Eskalierende Repression

Auf diese Aktionswelle folgten die härtesten Gefängnisstrafen, die je gegen Klimaaktivist*innen in Europa verhängt wurden. Fünf Just Stop Oil-Unterstützer wurden zu 4-5 Jahren verurteilt, weil sie in einer Zoom-Sitzung gesprochen hatten. Im Vorfeld der Proteste führten die Behörden zahlreiche Razzien und Verhaftungen durch, auch bei öffentlichen Veranstaltungen.

Im Laufe der Aktionstage wurden 144 Personen an 31 Flughäfen verhaftet, wobei 14 Personen in Großbritannien noch in Untersuchungshaft sitzen. 8 Personen wurden im Zusammenhang mit Oil Kills-Aktionen in Deutschland durchsucht, einem Land, wo Repression gegen Klimaaktivist*innen in letzter Zeit eskaliert ist und Letzte Generation als kriminelle Organisation angeklagt wurde.

In Uganda wurden 50 Unterstützer*innen von Students Against EACOP verhaftet, weil sie versuchten, einen friedlichen Protest zu organisieren. Zwei von ihnen wurden für vier Tage inhaftiert.

Die tödlichen Kosten fossiler Brennstoffe

Die Aktionen fielen mit zwei aufeinanderfolgenden Tagen rekordverdächtiger globaler Temperaturen in einem Jahr zusammen, die bisher heißesten gemessenenTemperaturen. Die tödlichen Auswirkungen der extremen Hitze sind bereits zu spüren, vor allem im globalen Süden, wo Hunderte von Menschen aufgrund von Hitze gestorben sind. Dennoch wird weiterhin in neue fossile Infrastrukturen wie Flughäfen und Pipelines investiert, während die Luxusemissionen, z. B. von Privatjets, in die Höhe schnellen. Oil Kills warnt: „Die weitere Förderung und Verbrennung von Öl, Gas und Kohle ist ein Akt des Krieges gegen die Menschheit. Sie wird Hunderte Millionen Menschen töten und die ohnehin schon steigende Zahl der Todesopfer durch den Klimazusammenbruch noch weiter in die Höhe treiben. Sie wird unser Klima, die Ozeane und Lebewesen über globale Kipppunkte treiben, eine unkontrollierbare globale Erwärmung und einen Prozess des globalen gesellschaftlichen Zusammenbruchs in Gang setzen.“ Die Kampagne unterstreicht, dass diejenigen, die die größte Verantwortung tragen und die größten Möglichkeiten haben, am meisten tun müssen, um den Klimazusammenbruch zu bekämpfen. Deshalb richtet sich die Forderung, den Abbau und die Verbrennung fossiler Brennstoffe bis 2030 zu beenden, an die Regierungen der reichen Länder des globalen Nordens und betont die Notwendigkeit, ärmere Länder zu unterstützen und zu finanzieren, um einen schnellen, fairen und gerechten Übergang zu schaffen. Dies kann erreicht werden, indem wir die Initiative zum Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe [2] unterstützen und uns um ein Verhandlungsmandat für die Ausarbeitung des Vertrages bemühen.

Öl tötet und die Luftfahrt auch

Die Aktivist*innen nahmen speziell Flughäfen ins Visier, weil diese eine zentrale Rolle im fossilen Kapitalismus spielen und die Möglichkeit bieten, die gesellschaftliche Illusion von Normalität direkt zu konfrontieren. Die Proteste rufen alle dazu auf, sich gegen die profitorientierte Klimazerstörung zu wehren. Die Luftfahrt ist der Inbegriff von Klimaungerechtigkeit: die meisten Flüge werden von wohlhabenden Vielfliegern unternommen, während der Großteil der Welt nie fliegt. Der Sektor hat in den letzten Jahren ein beschleunigtes Wachstum verzeichnet und prognostiziert, dass sich die Passagierzahlen bis 2038 verdoppeln werden. Darüber hinaus existiert trotz des Greenwashings der Industrie keine tragfähige Technologie zur Reduzierung der Emissionen aus der Luftfahrt. Ersatzstoffe für fossile Brennstoffe (oder sogenannte nachhaltige Flugkraftstoffe) haben selbst gravierende Auswirkungen und lassen sich in keiner Weise in einem Umfang einsetzen, der den Bedürfnissen des Sektors entspricht. Das Ende der fossilen Brennstoffe bis 2030 erfordert daher drastische Kürzungen von Flügen.

Was kommt als Nächstes?

Diese Aktionen sind Teil eines wachsenden Trends von direkten Aktionen, die sich gegen die Ungerechtigkeit der Luftfahrt und ihre Rolle bei der Klimazerstörung richten. Im vergangenen Jahr hat die Zahl der Gruppen zugenommen, die an Flughäfen Aktionen gegen Privatjets organisiert hat. Mutige Taktiken wie das Bemalen von Flugzeugen oder das Betreten des Rollfelds, die zu erheblichen Störungen des Flugverkehrs führen, sind häufiger geworden. Dies geschieht nicht nur in kleinen (aber sehr effektiven) Bezugsgruppen, sondern auch in großen Mobilisierungen, die Massen von Menschen einladen, direkte Aktionen gegen eine Industrie zu ergreifen, die Profit über Menschen stellt. Die Botschaft ist klar: Es kann keine Klimagerechtigkeit geben, ohne den Flugverkehr drastisch zu reduzieren.

Oil Kills erklärt, sie seien noch nicht fertig: „Regierungen müssen sich darauf einstellen: sie können sich nicht mit Verhaftungen aus dieser Situation retten, genauso wenig wie man eine Flut einsperren oder eine einstweilige Verfügung gegen ein Feuer erlassen kann. Wenn die drohende Realität weiterhin ignoriert wird, wenn Regierungen es versäumen, die Öffentlichkeit vor dem Kommenden zu schützen, werden gewöhnliche Menschen weiterhin die Dinge selbst in die Hand nehmen, um das zu tun, was die an der Macht nicht geschafft haben. Wir werden handeln, um die Menschheit zu schützen, indem wir die Maschine stoppen, die uns Schaden zufügt – die globale fossile Wirtschaft.“

They Fly We Die protestieren gegen die Erweiterung des London City Airport.
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„They Fly, We Die“ Protest gegen die Erweiterung des London City Airport.

[1] Einschließlich Just Stop Oil und Fossil Free London (UK); Letzte Generation (Deutschland); Letzte Generation Österreich (Österreich); Last Generation Canada; Folk Mot Fossilmakta und Scientist Rebellion Norway; Extinction Rebellion Finland; Extinction Rebellion und Scientist Rebellion Schweden; Extinction Rebellion Niederlande; Futuro Vegetal (Spanien); Drop Fossil Subsidies, Act Now – Liberate und XR Genf (Schweiz); Ostatnie Pokolenie (Polen), Doe Deurne Dicht und Extinction Rebellion Antwerpen (Belgien); Scientist Rebellion Turtle Island und Extinction Rebellion Boston (USA); Students Against EACOP (Uganda).

[2] Die Initiative für einen Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty (Nichtverbreitungsvertrag für fossile Brennstoffe) ist eine diplomatische Initiative, die mit einem globalen Netzwerk von Tausenden zivilgesellschaftlichen Organisationen und Regierungen zusammenarbeitet. Ziel ist es, die internationale Zusammenarbeit zur Beendigung der Neuentwicklung fossiler Brennstoffe zu fördern, die bestehende Produktion innerhalb des vereinbarten Klimaziels von 1,5°C auslaufen zu lassen und Pläne zu entwickeln, um Arbeiter*innen, Gemeinschaften und Länder, die von fossilen Brennstoffen abhängig sind, dabei zu unterstützen, sichere und gesunde Lebensgrundlagen zu schaffen.