AUA-Staatshilfen: Zehn Maßnahmen für klimagerechten Umbau
April 28, 2020

Das Netzwerk Stay Grounded warnt angesichts der fortschreitenden Verhandlungen mit den Austrian Airlines vor bedingungslosen Staatshilfen für die Flugindustrie und präsentiert zehn Vorschläge für konkrete Maßnahmen, um den Flugverkehr angesichts der Coronakrise sozial-ökologisch umzugestalten.

Wien, 28. April 2020 – Angesichts der fortschreitenden Gespräche über Staatshilfen für die AUA warnt das globale Netzwerk Stay Grounded mit Sitz in Wien vor bedingungslosen Millionengeschenken an die Flugindustrie. Jede staatliche Unterstützung für den Sektor müsse an konkrete Klimapläne für diesen gekoppelt werden, die im Einklang mit dem 1,5°C-Limit des Paris-Abkommens stehen. Stay Grounded präsentiert darum zehn Maßnahmen, die sowohl die AUA als auch den österreichischen Luftverkehrssektor im Rahmen einer breiteren Mobilitätswende auf einen klimagerechten Kurs bringen können. 

Statt den Flugverkehr mit Millionen aus Steuergeld auf den bisherigen klimaschädlichen Wachstumspfad zurückzuführen, muss die Regierung in einen klimagerechten Umbau des Verkehrssystems investieren und sicherstellen, dass die im Luftfahrtsektor Beschäftigten nicht auf der Strecke bleiben. Alle Maßnahmen, die jetzt getroffen werden, müssen das Wohlergehen der Beschäftigten und ökologische Nachhaltigkeit ins Zentrum stellen – oder es sind keine nachhaltigen Lösungen. Wir möchten mit unseren Vorschlägen eine konstruktive Diskussion um die klimagerechte und sozial verträgliche Reduktion des Flugverkehrs in Österreich initiieren”, so Michaela Leitner von Stay Grounded.

Im Zusammenhang mit möglichen Staatshilfen für die AUA oder einer Staatsbeteiligung an dieser schlägt Stay Grounded folgende Maßnahmen vor:

  1. Eine sofortige komplette Abschaffung von Inlandsflügen.
  2. Eine schrittweise Einstellung aller Kurzstreckenflüge in Nachbarländer, in die Bus- oder Zug-Alternativen mit Fahrtzeiten unter acht Stunden oder Nachtzug-Verbindungen bestehen.
  3. Staatsbeteiligung nur mit aktiver Mitsprache. Eine stille Beteiligung des Staates ist langfristig nicht zielführend. Bei einer Beteiligung muss sich Österreich aktiv in die Unternehmenspolitik einbringen können und diese im Sinne des notwendigen sozial-ökologischen Umbaus mitgestalten.
  4. Eine dreijährige (bzw. bis zur Rückzahlung der Staatshilfen) Sperre der Ausschüttung von Dividenden für Anteilseigner*innen sowie der Erhöhung der Gehälter und Boni von Manager*innen.
  5. Vorlegen einer Unternehmensstrategie für eine Dekarbonisierung im Einklang mit dem 1,5°C-Limit innerhalb eines halben Jahres. Diese Strategie soll unter Einbeziehung der Mitarbeiter*innen erarbeitet werden und muss einen realen Emissionsreduktionspfad skizzieren. Dieser darf nicht auf die Kompensation von Emissionen mit dem Offsetting-Mechanismus CORSIA oder anderen Offsetting-Systemen verweisen sowie nicht auf unrealistisch hohe Annahmen zum Einsatz von synthetischen Treibstoffen oder Agrartreibstoffen setzen. Emissionseinsparungen müssen nachweislich erreichbar, zusätzlich und absolut sein. Die sich daraus ergebende Perspektive kann ein Umbau der AUA zu einem vielseitigen Transportdienstleister sein.
  6. Für die AUA soll eine Arbeitsstiftung für einen gerechten Übergang eingerichtet werden. Dessen Mittel werden dafür eingesetzt, Beschäftigte für Jobs in klimafreundlicheren Bereichen im eigenen Betrieb oder in anderen Branchen umzuschulen und ihnen während dieser Zeit das bisherige Gehalt in voller Höhe fortzuzahlen.Zusätzlich muss Österreich folgende Maßnahmen umsetzen, bzw. sich auf europäischer Ebene für diese einsetzen:
  7. Einführung einer Kerosinsteuer auf nationaler Ebene sowie Einsatz für deren Einführung auf EU-Ebene.
  8. Einführung einer progressiven Vielflieger*innenabgabe als Ersatz für die aktuelle Flubabgabe (“Ticketsteuer”). Ein solches Modell könnte beispielsweise diese bei einem Steuersatz von 20 % für den ersten Flug einer Person innerhalb eines Jahres beginnen und schrittweise auf bis zu 250 % für einen neunten Flug sowie alle weiteren steigen.
  9. Ende der Umsatzsteuerbefreiung von Tickets für innereuropäische Flüge sowie Anhebung der Umsatzsteuer auf den vollen Steuersatz.
  10. Einführung eines Branchen-Kollektivvertrages sowie gesetzlicher Bestimmungen gegen Dumpingpreise inklusive Lohndumping

Bereits Anfang April startete Stay Grounded die Kampagne #SavePeopleNotPlanes gegen bedingungslose Rettungspakete für die Flugindustrie und für einen sozial-ökologischen Umbau des Sektors. Mittlerweile werden diese Forderungen von 329 Organisationen, Universitätsinstituten und Gewerkschaften weltweit unterstützt, davon über 30 aus Österreich, u. a. Fridays For Future, Global 2000, Attac und System Change, not Climate Change. Zudem stellen sich über 300 Expert*nnen weltweit hinter die Initiative, darunter Prof. em. Helga Kromp-Kolb (BOKU) und Prof. Ulrich Brand (Uni Wien). Eine dazugehörige Petition wurde bereits von über 71.000 Menschen unterzeichnet. 

Die Luftfahrtindustrie hat in den vergangenen Jahrzehnten mit weit überdurchschnittlichen Wachstumsraten auf Kosten des Klimas massive Gewinne eingefahren. Schon heute ist der Flugverkehr inklusive der Nicht-CO2-Effekte für 5-8 % der Klimaerhitzung verantwortlich. Dieser Anteil ist gewaltig angesichts der verschwindend geringen Anzahl von Vielflieger*innen, die dafür hauptsächlich verantwortlich sind: So zeigt eine aktuelle Studie, dass die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung 75% der Transportenergie im Flugverkehr verbrauchen. In Österreich fliegt laut einer Studie des VCÖ ein Drittel der Bevölkerung nie, nur ein Sechstel der Bevölkerung fliegt mehrmals im Jahr.

Weitere Informationen zu #SavePeopleNotPlanes:

 

Kontakt und Rückfragehinweis:
Manuel Grebenjak
press@stay-grounded.org
0699/17238755

Das globale Netzwerk Stay Grounded setzt sich für eine rasche Reduktion des Flugverkehrs und für ein gerechtes Mobilitätssystem ein. Das Netzwerk mit Sitz in Wien hat über 150 Mitgliedsorganisationen weltweit.