Häufig gestellte Fragen zum Thema Flugverkehr und Klimagerechtigkeit

 

Warum ist Flugverkehr ein solches Problem? Hier haben wir Antworten zu häufig gestellten Fragen zu Flugverkehr und Klimagerechtigkeit zusammengestellt.

 

Welche Auswirkungen hat der Flugverkehr auf das Klima?

Die Klimakrise zu beenden ist die größte Herausforderung, vor der die Menschheit je stand.

Um eine sichere Zukunft für alle Menschen auf dem Planeten zu gewährleisten, müssen wir die Klimaerwärmung so gering wie möglich halten und gefährliche Kipppunkte vermeiden. Dazu braucht es Anstrengungen, in enormem Maße und dringend. Wir müssen aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen, und das System verändern. Aber momentan fliegen wir wortwörtlich auf den Klimakollaps zu.

Luftfahrt ist die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Die Flugverkehrsindustrie behauptet, dass der Luftverkehr nur für 2 % der globalen Erwärmung verantwortlich ist. Tatsächlich entfielen im Jahr 2018 2,9 % aller von Menschen verursachten CO2-Emissionen weltweit allein auf die CO2-Emissionen des Luftverkehrs (einschließlich der CO2-Emissionen aus der Herstellung und dem Vertrieb von Kerosin).

Doch der Flugverkehr ist für viel mehr als das verantwortlich: Im Jahr 2018 entfielen rund 6 % der gesamten vom Menschen verursachten globalen Erwärmung auf den Flugverkehr. In europäischen Ländern, in denen viele Vielflieger beheimatet sind, ist der Anteil sogar noch größer. Dies liegt daran, dass Flugzeuge Kondensstreifen produzieren, die Trübungen verursachen, und NOx, die ebenfalls zur Klimaerwärmung beitragen, wodurch sich die gesamte Klimawirkung auf das 3-fache des allein ausgestoßenen CO2 erhöht.

Zwar gibt es Wege, Nicht-CO2-Auswirkungen zu reduzieren, wie etwa Feuchtgebiete zu vermeiden, wo sich Kondensstreifen bilden könnten, oder Kraftstoffe mit einem niedrigen Aromatengehalt zu nutzen. Aber diese sind noch nicht reif für den Einsatz und ihre Wirksamkeit ist unsicher. Der kurzfristigste und effektivste Weg, die Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima zu verringern, ist daher eben dessen Reduzierung.

Bis heute hat der Flugverkehr bereits 3,5 % zur gesamten vom Menschen verursachten globalen Erwärmung beigetragen. Das ist höher als die Beiträge einiger ganzer Länder (Indien, Kanada) oder sogar Kontinente (Afrika, Südamerika).

Erschwerend kommt hinzu, dass die Umweltverschmutzung durch den Flugverkehr rasant zunimmt. Seit 1980 haben sich die weltweiten Emissionen des Flugverkehrs verdoppelt. Zwischen 2013 und 2019 sind die Emissionen von Passagierflugzeugen um 33 % gestiegen.

Nach einer kurzen Pause in den ersten Monaten der Pandemie, in der Flugzeuge auf der ganzen Welt am Boden blieben, wird das Wachstum der Branche erneut zurückkehren.

Im Jahr 2023 erholte sich das weltweite Fluggastaufkommen wieder auf 94 % des Niveaus von 2019, wie aus den jährlichen Daten der IATA hervorgeht. Flüge, die in der EU abfliegen und landen, werden im Jahr 2050 voraussichtlich um 62 % im Vergleich zu 2019 steigen.

Wenn der Flugverkehr zu den Wachstumsraten vor COVID zurückkehrt, würde er allein bis 2050 massive 0,1 °C zur globalen Erwärmung beitragen; die Hälfte davon bis heute und die andere Hälfte in den nächsten drei Jahrzehnten. Anders gesagt: er hätte einen Anteil von 17 % an den verbleibenden 0,3 °C, um 1,5 °C der globalen Erwärmung nicht zu überschreiten. Das ist immens, vor allem, wenn man bedenkt, dass diese Auswirkungen durch die Minderheit der Menschen verursacht werden, die fliegt, und dies durch eine Aktivität, die nur gelegentlich und mit weniger Notwendigkeit stattfindet als z.B. das tägliche Heizen eines Hauses im Winter.

Deshalb ist es so wichtig, jetzt gegen das Wachstum des Flugverkehrs vorzugehen – es wäre viel schwieriger, den Sektor wieder schrumpfen zu lassen, als sein Wachstum von vornherein zu begrenzen.

 

 

Wie schlecht ist das Fliegen für den CO2-Fußabdruck?

Fliegen ist eine der klimaschädlichsten Tätigkeiten. Es ist unmöglich, einen 1,5-Grad-Lebensstil zu führen und zu fliegen.

Wir haben ein globales Kohlenstoffbudget und müssen uns daran halten, um zu vermeiden, dass die 1,5-Grad-Grenze bis 2050 überschritten wird. Nehmen wir an, wir hätten das Richtige getan und jedem Menschen auf der Erde einen gleichen Anteil an diesem Budget zugewiesen. Was wäre ein nachhaltiger Fußabdruck – einschließlich der CO2 -Emissionen, die durch ALLE menschlichen Aktivitäten wie Essen, Heizen, Mobilität usw. verursacht werden?

1.5 degree english

Die Emissionen eines Hin- und Rückflugs, z. B. von London nach New York , sind fünfmal so hoch wie der durchschnittliche nachhaltige Fußabdruck , den jede Person bis 2050 haben muss, um die 1,5°C-Grenze einzuhalten. Selbst ein Kurzstreckenflug (z.B. London-Rom) beansprucht einen unverhältnismäßig hohen Anteil an Emissionen und ist völlig unnötig, wenn eine starke Schieneninfrastruktur wie in Europa vorhanden ist.

Die Entscheidung, nicht zu fliegen, hat einen großen Einfluss auf unser aller CO2-Budget, mehr als die meisten anderen Entscheidungen zugunsten von Nachhaltigkeit. Wer den Flug London-NY auslässt, spart 4-mal mehr Emissionen, die zur Klimaerwärmung führen, als durch vegane Ernährung und 17-mal mehr als durch Recycling in einem gesamten Jahr.

Die am stärksten vom Klimawandel bedrohten Menschen haben einen jährlichen Fußabdruck, der weit unter dem eines Langstreckenflugs liegt. So macht z.B. der durchschnittliche Fußabdruck einer in Indien lebenden Person nur etwas mehr als die Hälfte der Emissionen aus, die durch den Flug von London nach New York verursacht werden.

Wenn jeder Mensch auf der Welt, also fast acht Milliarden Menschen, einmal im Jahr von London nach New York und zurück fliegen würde, wäre das CO2-Budget für die Einhaltung einer globalen Erwärmung von unter 1,5 Grad (etwa 320 Gt) innerhalb von 34 Jahren erschöpft – allein durch das Fliegen. Dabei sind die zusätzlichen Nicht-CO2 -Auswirkungen des Fliegens noch nicht einmal berücksichtigt, die die CO2-Effekte verdreifachen. Das zeigt: Wenn wir unser Klima schützen wollen, darf das Fliegen nicht für alle auf dem Globus so normal werden wie es heute für einen kleinen Teil der Weltbevölkerung der Fall ist.

 

Die gute Nachricht: Es gibt klimafreundliche Alternativen zum Fliegen. Im Moment hängt die Möglichkeit, mit dem Zug zu fahren, davon ab, wie gut die Schieneninfrastruktur ist und welche Entfernungen zurückgelegt werden müssen. Doch gerade innerhalb Europas ist es einfach, Flüge durch Züge zu ersetzen. Das macht einen großen Unterschied. In der Grafik sehen Sie Daten aus Österreich (Stand 2024), wo die Schiene mit einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien betrieben wird, was wir anstreben sollten. Eine Zugreise emittiert sage und schreibe das 29-fache (im Vergleich zu einem Langstreckenflug über 4000 km) bis 45 (im Vergleich zu einem Flug aus 1000-4000 km) mal weniger als ein Flug.

Wie ungerecht ist Fliegen?

„Die Jetset-Gewohnheiten von Bill Gates und Paris Hilton bedeuten, dass sie beim Fliegen erstaunliche 10.000 mal mehr Kohlenstoffemissionen verursachen als der Durchschnittsmensch“, heißt es in einer aktuellen wissenschaftlichen Studie.

Wer fliegt, wer nicht – und wer kann nicht?

Während es für viele Westeuropäer normal erscheinen mag zu fliegen, ist dies erst seit einigen Jahrzehnten der Fall und weltweit immer noch nicht die Norm. Nur eine kleine Minderheit der Weltbevölkerung fliegt: 2-4 % der Weltbevölkerung flogen 2018 international und 80 % sind noch nie geflogen. Das bedeutet, dass 1 % der Weltbevölkerung für 50 % aller Emissionen des Flugverkehrs verantwortlich ist. 90 % der Flugverkehrsemissionen wurden in Ländern mit hohem oder mittlerem Einkommen verursacht.

Wie wir oben gezeigt haben, haben die am stärksten vom Klimawandel bedrohten Menschen einen jährlichen Fußabdruck, der weit unter dem eines Langstreckenflugs liegt. Ein solcher Flug übersteigt zudem bei weitem den durchschnittlichen nachhaltigen Fußabdruck pro Person in einem Jahr, der den Temperaturanstieg unter 1,5 °C halten würde. Der Flugverkehr ist das Verkehrsmittel, das vor allen anderen Ungleichheit demonstriert.

 

Wenn tatsächlich alle so fliegen würden wie die reichsten Europäer (d.h. die oberen 10 %), würde das unser CO2-Budget sprengen: Allein der Flugverkehr würde 23 Gt CO2 pro Jahr ausstoßen. Das sind zwei Drittel der jährlichen globalen CO2-Emissionen.

 

 

 

Doch nicht nur der Lebensstil oder die finanziellen Ressourcen bestimmen, wie wir reisen: Viele Menschen dürfen aufgrund der restriktiven Migrationspolitik nicht einmal in andere Länder fliegen. Der Pass bestimmt, wie viele Länder ohne Visum erreichbar sind.

Wir müssen auch eine Debatte über die Gründe führen, warum wir fliegen. Ist ein monatlicher Flug für ein verlängertes Wochenende in eine toskanische Villa genauso wichtig wie ein Flug, um alle zwei Jahre eine Familie zu besuchen, die auf einem anderen Kontinent lebt?

Einige wenige Vielflieger heizen den Planeten auf – auf Kosten anderer: lokaler Ökosysteme, zukünftiger Generationen, Bewohner*innen, die Lärm und Luftverschmutzung durch Flugzeuge ausgesetzt sind, und derjenigen im globalen Süden, die bereits die Hauptlast der globalen Erwärmung tragen. Wir müssen die Ungerechtigkeit des Fliegens angehen, indem wir auf politische Maßnahmen wie eine Abgabe für häufiges Fliegen drängen.

Wer mehr über die Ungerechtigkeit des Fliegens erfahren möchte, schaue sich unser Faktenblatt zu Klimagerechtigkeit und Flugverkehr an:

Faktenblatt herunterladen.

Version in Schwarz-Weiß zum Ausdrucken.

 

 

 

Was passiert, wenn Flughäfen Raum greifen?

Es geht nicht nur um das Klima. Wenn der Flugverkehr wächst, hat das auch viele andere Folgen am Boden.

Hunderte neuer Flughäfen oder Flughafenerweiterungen sind geplant, um das rasante Wachstum der Flugverkehrsindustrie zu befeuern. Seit 2017 wurden weltweit 550 neue Flughäfen oder Start- und Landebahnen geplant oder gebaut, sowie Start- und Landebahnerweiterungen, neue Terminals usw., insgesamt mehr als 1200 Infrastrukturprojekte. Diese neuen Flughäfen bestimmen nicht nur das zukünftige Wachstum des Flugverkehrs, sondern bringen oft auch schwere soziale und ökologische Schäden mit sich.

Die meisten von ihnen beinhalten den Erwerb neuer Flächen, die Zerstörung von Ökosystemen, die Vertreibung von Menschen, lokale Umweltverschmutzung und gesundheitliche Gefährdungen. Lärm und Luftverschmutzung sind ein großes Problem für die Anwohner*innen, die in der Nähe von Flughäfen leben. Immer mehr Flughäfen, vor allem im globalen Süden, werden zu einer „Aerotropolis“ oder Airport City. Sie sind umgeben von kommerziellen und industriellen Entwicklungsprojekten, Hotels, Einkaufszentren, Logistikzentren, Straßen oder mit Sonderwirtschaftszonen verbunden. Diese Projekte stehen oft im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen.

Flughäfen stellen die wichtigste Infrastruktur für die globalisierte kapitalistische Wirtschaft dar, die für die Produktion und den Handel von Waren, Geschäftsreisen, Tourismus sowie die Abschiebung unerwünschter „Reisender“ benötigt wird. Wirksamer Widerstand gegen Flughafenprojekte kann verhindern, dass eine emissionsintensive, zerstörerische Form der Mobilität über Jahrzehnte hinweg zementiert wird.

Die Karte der Ungerechtigkeit und des Widerstands aufgrund von Flughäfen (siehe Bild) versammelt Fallstudien, die eine Vielzahl von Ungerechtigkeiten im Zusammenhang mit Flughafenprojekten auf der ganzen Welt dokumentieren. Sie wurde in Zusammenarbeit mit dem Environmental Justice Atlas (EJ-Atlas) entwickelt. Die Recherchen für den EJ-Atlas identifizierten 80 Fälle von Flughafenkonflikten und mehr als 300 Fälle von Flughafenprojekten, bei denen es Hinweise auf Konflikte gibt, die weitere Untersuchungen verdienen. Für mehr Informationen oder um Informationen über einen lokalen Flughafenkampf beizutragen, bitte wenden an: mapping[at]stay-grounded[dot]org

Ausführlichere Informationen zum Flughafenausbau finden Sie hier.

 

 

 

Warum ist Emissionsausgleich nicht die Lösung?

„Fliegen ist kein Problem, wenn man etwas mehr zahlt, um die Emissionen zu kompensieren.“ Das ist die Botschaft, die Fluggesellschaften ihren Kunden vermitteln. Viele Unternehmen, die versuchen, nachhaltigere Reiserichtlinien umzusetzen, entscheiden sich für die Kompensation. Und es sind nicht nur sie: Das einzige globale Abkommen zur Deckung der CO2 -Emissionen des Luftverkehrs namens CORSIA stützt sich stark auf Kompensation. Was steckt also hinter diesen Kompensationen (Offsets)?

Was ist Offsetting oder Emissionsausgleich?

Beim Kauf von Emissionsausgleichen bezahlen Unternehmen oder Einzelpersonen andere Sektoren oder Unternehmen, die sich auf die Kompensation von Projekten spezialisiert haben, um Emissionen zu reduzieren, anstatt ihre eigenen Emissionen zu reduzieren. Kompensationsprojekte befinden sich meist in Ländern des globalen Südens. Viele von ihnen sind Wasserkraftprojekte, die angeben, die Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen zu vermeiden. Ebenso können Waldschutzprojekte, Betreiber von Baumplantagen oder Organisationen, die klimafreundliche Kochherde an Frauen in ländlichen Gebieten verteilen, Kompensationsgutschriften verkaufen.

Was ist falsch an Emissionsausgleichen?

Emisionsausgleiche reduzieren keine Emissionen:

Die Idee des Ausgleichs ist grundsätzlich falsch.
Durch den CO2-Ausgleich werden keine Emissionen reduziert. Die durch Ausgleichsprojekte erzielte Reduktion wird durch die Emissionen, für die die Ausgleichszahlungen getätigt werden, neutralisiert. CO2-Speicherung oder Emissionsreduzierung muss durch Klimaschutzprojekte in anderen Sektoren stattfinden, zusätzlich zur Reduzierung der Flugverkehrsemissionen.
Der Ausgleich lenkt von der Erreichung der globalen Klimaziele und der dringenden Notwendigkeit der Reduzierung des Flugverkehrs ab und rechtfertigt dessen weiteres Wachstum.

Neben diesem grundsätzlichen Problem sind viele Kompensationsprojekte betrügerisch oder entsprechen nicht den Qualitätsstandards und führen daher nicht zu echten Emissionsreduktionen. Baumpflanzungen und Waldschutzprojekte, die beliebtesten Kategorien, haben keine Garantie für ihre Dauerhaftigkeit und können aufgrund des Mangels an verfügbarem Land nicht global ausgeweitet werden. Emissionsminderungen müssen zusätzlich erfolgen, d.h. ohne jeglichen Emissionsausgleich. In der Praxis ist dies oft nicht der Fall, weil zum Beispiel sowieso ein Wasserkraftwerk gebaut worden wäre.

Eine ältere Studie des Öko-Instituts (2016) zeigte, dass viele Projekte falsch kalkuliert waren: Nur 2% der Kompensationsprojekte der UN hatten eine hohe Wahrscheinlichkeit, zu zusätzlichen Emissionsreduktionen zu führen (siehe Grafik).

Ein aktuelles Beispiel ist die Recherche von „The Guardian„, „Time“ und „SourceMaterial“, die auf drei verschiedenen Studien des US-Unternehmens Verra basiert, dem größten Zertifizierer auf dem freien Kohlenstoffmarkt, der Zertifikate für den Schutz von Wäldern in Lateinamerika und Afrika anbietet. Die Untersuchung zeigte, dass 90 % der Zertifikate wertlos waren. Der Grund: Viele der Schutzgebiete, deren Schutz als Ausgleich verkauft wird, sind kaum von Abholzung bedroht. Und in den wenigen Fällen, in denen die Projekte einen Einfluss auf die Abholzung der Wälder hatten, war der Effekt auf das Klima viel geringer, als Verra behauptet. Das Fazit: Verra hat die Gefährdung der Wälder um durchschnittlich 400 % überschätzt, in einigen Fällen sogar um 950 %.

Emissionsausgleiche führen oft zu ökologischen und menschenrechtlichen Problemen:
Da es im globalen Süden günstiger ist, zu kompensieren, befinden sich dort die meisten Projekte. Sie führen oft zu lokalen Konflikten oder Landraub. Dies ist insbesondere bei land- oder forstbasierten Projekten wie REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) der Fall. Oft sind Kleinbauern und Indigene daran gehindert, den Wald auf die von ihnen angestammte Weise zu nutzen, um die prognostizierte Menge an Kohlenstoff in den Bäumen zu speichern. Siehe auch unsere Studie und unseren Blogartikel über die Realität von CO2-Emissionsausgleichen und wie sie von der Flugverkehrsindustrie genutzt werden.

Emissionsausgleiche erlauben es einer wohlhabenden Minderheit, die Umwelt zu verschmutzen:
Sie erleichtern das Gewissen derjenigen, die regelmäßig fliegen und der Mehrheit, die nicht fliegt, lebenswichtige Ressourcen nehmen.

Der Ausgleich von Emissionen ist auch der Hauptbestandteil von CORSIA, dem Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation – einem schwachen und unverbindlichen Abkommen der ICAO (International Civil Aviation Organization). Weitere Details dazu liefert das Faktenblatt «Carbon Offsets».

Zusammenfassend lässt sich sagen: Emissionsausgleiche sind eine Lizenz zur Umweltverschmutzung. Sie legitimieren Business as usual, funktionieren nicht und vertiefen die globale Ungleichheit.

Mehr dazu:

 

 

 

 

Ist umweltfreundliches Fliegen möglich?

Angesichts wachsender Kritik und der Notwendigkeit, ihre klimaschädlichen Wachstumspläne nach der Corona-Krise zu verteidigen, hat die Flugverkehrsindustrie ihre Werbung für „grünes Fliegen“ verstärkt. In Greenwashing-Kampagnen verkünden sie, den Flugverkehr im Jahr 2050 „Netto-Null“ machen zu wollen. Technologische Effizienz, Substitute für fossile Brennstoffe (sogenannte „nachhaltige Flugkraftstoffe“) und die Kompensation spielen eine große Rolle in diesen Planungen. Aber sie gehen nie auf das Wachstum des Flugverkehrs ein und ihre Lösungsvorschläge … sind weit davon entfernt, das Problem der Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima anzugehen.

Die Flugverkehrsindustrie hat bereits mehrere Fälle verloren, weil sie fälschlicherweise behauptet hat, „grün“ zu sein. Ein jüngstes Beispiel ereignete sich im März 2024, als ein niederländisches Gericht entschied, dass die Fluggesellschaft KLM Kunden mit vagen Umweltbehauptungen in die Irre geführt und ein „zu rosiges Bild“ von ihrem nachhaltigen Flugkraftstoff gezeichnet hat. Kurz darauf folgte ein Urteil gegen die Fluggesellschaft Eurowings, der es untersagt wurde, Flüge durch CO2-Kompensation als „CO2 -neutral“ zu bewerben . Im April 2024 hat die EU-Kommission ein Verfahren gegen 20 Fluggesellschaften wegen irreführender Praktiken gegenüber Verbraucher*innen eingeleitet, darunter die Verwendung des Begriffs „nachhaltige Flugkraftstoffe“, da deren Nachhaltigkeit fragwürdig ist und in den meisten Fällen nicht bewiesen werden kann.

In unserer Faktenblätter-Serie zum Thema Greenwashing entlarven wir gängige Mythen und Irrtümer.

Energieeffizienz: Zu wenig
Durch den Einsatz besserer Technologie in neuen Flugzeugen scheinen Effizienzsteigerungen von rund 1,3 % pro Jahr möglich. Diese Zuwächse werden jedoch bei weitem durch die Zunahme des Flugverkehrs aufgewogen. Sie können sogar zu günstigeren Ticketpreisen führen und so noch mehr Menschen zum Fliegen bewegen. Angesichts unserer Prognose, dass die Branche jährlich um mindestens 4,3 % an Passagierkilometern wachsen wird (Schätzung basierend auf Zahlen von Boeing und Airbus), kratzen die Einsparungen durch Effizienzsteigerungen kaum an der Oberfläche.
Weitere Informationen liefert unser Faktenblatt zu Effizienzverbesserungen

Biokraftstoffe: Eine problematische Alternative
Die Industrie plant, einen Teil ihres fossilen Kerosins durch Biokraftstoffe zu ersetzen. Die Erhöhung der Biokraftstoffproduktion wird seit mehr als einem Jahrzehnt versprochen, ist aber nicht erfolgt. Im Jahr 2023 betrug sie 600 Millionen Liter, was 0,2 % des weltweiten Kerosinverbrauchs entspricht. Trotz dieser sehr geringen Menge geht die Branche davon aus, dass der Anteil von Biokraftstoffen im Jahr 2050 416-mal (!) höher sein wird als heute (250 Milliarden Liter, ATAG 2021).

Auch wenn diese Prognose nicht sehr realistisch ist, könnten die Folgen jeder erheblichen Erhöhung desaströs sein. Die Industrie behauptet, dass sie nur Biokraftstoffe aus Abfällen verwenden wird, aber Biokraftstoffe, die aus Pflanzen hergestellt werden, sind in den meisten Teilen der Welt nicht ausgeschlossen. Letztere verursachen nachweislich sehr schwerwiegende ökologische und soziale Schäden wie den Verlust der biologischen Vielfalt, steigende Lebensmittelpreise und Wasserknappheit.

Darüber hinaus verursachen diese „Alternativen“ sogar mehr Treibhausgasemissionen als die fossilen Brennstoffe, die sie ersetzen sollen: So setzt beispielsweise Palmöl, die machbarste Option, laut einer Studie der Europäischen Kommission mindestens dreimal mehr Treibhausgasemissionen frei als fossile Brennstoffe (siehe Grafik).

Auf der anderen Seite ist Biomasse für abfallbasierte Brennstoffe nur in begrenzter Menge verfügbar und könnte von anderen Sektoren effizienter genutzt werden. In einigen Fällen führt die steigende Nachfrage nach tierischen Fetten aus dem Flugverkehr beispielsweise zu steigenden Gewinnen für die Schlachthofindustrie. Altölexporte aus asiatischen Ländern in die EU führen dazu, dass diese lokal durch problematisches Palmöl ersetzt werden. Es haben sich auch mehrere Fälle von Betrug ereignet, bei denen Biokraftstoffe aus Pflanzen fälschlich als abfallbasiert gekennzeichnet wurden.

Schlussendlich würden Biokraftstoffe die Nicht-CO2 -Emissionen, die einen großen Teil der Klimaauswirkungen des Flugverkehrs ausmachen, nur teilweise reduzieren.

Weitere Informationen bietet unser Faktenblatt zu Biokraftstoffen und unsere Fallstudie über eine Agrokraftstoffraffinerie in Paraguay, ein eklatantes Beispiel für eine nicht nachhaltige Agrokraftstoffproduktion.

Elektroflugzeug: Zu klein und zu geringe Reichweite
Elektroflugzeuge, die wahrscheinlich in diesem Jahrzehnt zugelassen werden, werden sehr klein sein und nur sehr kurze Flüge bedienen. Batterien sind zu schwer, um die meisten Kerosin- und Verbrennungsmotoren zu ersetzen. Bei einem durchschnittlichen Wirkungsgrad eines Verbrennungsmotors entspricht 1 kg Kraftstoff 25-30 kg Batterien (siehe Grafik). Kurzstreckenflüge können in vielen Fällen leicht durch einen deutlich energieeffizienteren Bodentransport ersetzt werden.
Weitere Informationen liefert unser Faktenblatt zum Elektroflug.

 

Wasserstoff: Zu spät und nicht gleich Null
Wasserstoff für Mittel- und Langstreckenflüge wird nicht vor 2050 machbar sein. Bis dahin könnte nur der Regional- und Kurzstreckenmarkt umgestellt werden, der zu einem großen Teil durch Straße oder Schiene ersetzt werden kann. Wasserstoff müsste aus erneuerbarer Energie hergestellt werden, um nachhaltig zu sein, aber tatsächlich geschieht das hauptsächlich aus nicht erneuerbarer Energie. Der Bau neuer Produktionskapazitäten in sonnenreichen Ländern des globalen Südens und der Export des Wasserstoffs in den globalen Norden, wo der größte Teil des Wasserstoffs verwendet wird und die meisten Gewinne mit dieser neuen Technologie erzielt werden, würde neokolonialen Praktiken Auftrieb verleihen.
Weitere Informationen bietet unser Faktenblatt zum Wasserstoffflug.

E-Fuels: Eine gefährliche Hoffnung
Synthetische Kraftstoffe aus Strom (Power to Liquid) sind technisch machbar, aber es gibt noch keine Anlagen, um sie in industriellem Maßstab herzustellen. Mehrere Jahrzehnte hoher Investitionen wären erforderlich, um die Produktion maßgeblich zu erhöhen. Die Umwandlung von Elektrizität in Kraftstoff ist ein energieintensiver Prozess. Das Problem ist: Wir sind weit davon entfernt, auch nur genug erneuerbare Energien für den Transport am Boden, die Industrie, die landwirtschaftliche Produktion oder das Heizen zu produzieren. Wenn alle Flugzeuge mit E-Kraftstoffen fliegen würden, würde dies etwa das Zweieinhalbfache des weltweit verfügbaren erneuerbaren Stroms im Jahr 2019 verbrauchen (siehe Grafik). Außerdem würden die meisten der nicht CO2-bedingten Klimaauswirkungen des Fliegens bestehen bleiben – und diese sind etwa doppelt so hoch wie dessen heutige CO2-Emissionen.
Weitere Informationen liefert unser Faktenblatt zu E-Fuels.

Netto-Null
Das Erreichen von „Netto-Null“-Zielen ist derzeit das zentrale Anliegen aller Klimastrategien – sei es in der Industrie oder seitens Regierungen. Der Flugverkehrssektor hat sich seinerseits verpflichtet, bis 2050 Netto-Null-CO2 – Emissionen zu erreichen. Netto-Null-CO2 -Emissionen sind erreicht, wenn alle verbleibenden anthropogenen CO2 -Emissionen global durch anthropogenen CO2 -Abbau (IPCC) ausgeglichen werden. Das bedeutet, dass einige „schwer zu reduzierende“ Emissionen weiterhin zulässig sind, vorausgesetzt, dass äquivalente Mengen an CO2 durch natürliche Kohlenstoffsenken oder Negativemissionstechnologien aus der Atmosphäre entfernt werden.

Aber Netto-Null bis 2050 wird irrelevant sein, wenn der fair, d.h. zutreffend berechnete Anteil des Flugverkehrs am globalen CO2-Budget für 1,5 °C lange vor 2050 überschritten wird. Alles, was zählt, sind die kumulierten Emissionen in der Atmosphäre. Außerdem ist die Technologie zur Kohlenstoffentfernung noch unerprobt und ressourcenintensiv, und es stellt sich die moralische Frage, wie viel des begrenzten Potenzials der CO2 -Entfernung der Flugverkehrssektor beanspruchen darf. Schließlich werden Nicht-CO2 -Effekte nicht in die Netto-Null-Berechnungen einbezogen, obwohl sie viel zu hoch sind, um ignoriert zu werden.
Netto-Null-Versprechen verringern das Gefühl der Dringlichkeit, verschleiern Untätigkeit und ermöglichen es umweltschädlichen Industrien wie der Luftfahrt, sich der Verantwortung zu entziehen.
Weitere Informationen gibt es in unserem Faktenblatt zu Net Zero und zu Technologien für negative Emissionen.

Emissionsausgleich: Das Problem verlagern, statt es anzugehen
Eine weitere Lösung, die von der Flugverkehrsindustrie vorgestellt wird, ist der Emissionsausgleich: der Ausgleich von Emissionen durch den Kauf von Kompensationsgutschriften. Die Idee des CO2-Ausgleichs ist grundlegend fehlerhaft, da sie die Emissionen nicht reduziert, oft ineffektiv oder betrügerisch und unfair ist, notwendige Klimaschutzmaßnahmen verzögert und daher das Risiko eines Klimachaos sogar erhöhen kann.
Weitere Informationen finden Sie im Abschnitt zum Emissionsausgleich und in unserem Faktenblatt zum Thema CO2-Emissionsausgleich.

 

 

 

 

 

Warum werden die Klimaauswirkungen des Flugverkehrs unzureichend reguliert?

Im Vergleich zu anderen Sektoren sind die Emissionen des Flugverkehrs besonders schlecht reguliert. Die Luftfahrtindustrie genießt einen Sonderstatus, der sich nicht nur in enormen Steuerprivilegien widerspiegelt, sondern sich auch in der fehlenden adäquaten Emissionsregulierung zeigt. Dies wird oft mit der historischen Bedeutung des Flugverkehrs für die nationale Sicherheit begründet. Der Verkauf von Rüstungsgütern macht 20 % des Umsatzes des Flugzeugherstellers Airbus und ganze 50 % des Umsatzes von Boeing aus. Die beiden Konzerne dominieren den internationalen Flugzeugbau, und die von ihnen gebauten Flugzeuge sind für bis zu 92 % der Emissionen des Flugverkehrs verantwortlich.

Pariser Abkommen
Viele Länder begründen ihre Weigerung, ihren Flugverkehrssektor zu regulieren, mit dem Hinweis, dass sich die Reduktionsziele des UN-Klimaabkommens auf die Emissionen beziehen, die innerhalb der Grenzen eines Landes freigesetzt werden, was den Luftverkehr ausschließen würde. Dieses Argument ist widersprüchlich: Schließlich werden viele Produkte eines Landes exportiert und ihre Emissionen werden immer noch dem Produktionsland zugeordnet. Das zergetankte Kerosin in einem Land könnte leicht gemessen und berücksichtigt werden. Die eingeschränkte Regulierung ist ein Grund dafür, dass Flüge im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln so günstig sind.

Im Übereinkommen von Paris, wie auch im Vorgänger des Kyoto-Protokolls, unterliegt nur der inländische Flugverkehr länderspezifischen Maßnahmen und fällt in den Anwendungsbereich der Struktur der national festgelegten Beiträge (NDCs) des Übereinkommens von Paris. Der internationale Flugverkehr, auf den etwa 65 % der Emissionen des Zivilluftverkehrs entfallen, wird nicht erfasst.

CORSIA
Stattdessen ist die Organisation der Vereinten Nationen, ICAO (International Civil Aviation Organisation), für die Regulierung der Emissionen des internationalen Luftverkehrs im Rahmen von CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) zuständig.

CORSIA stützt sich darauf, das Wachstum der Emissionen des internationalen Flugverkehrs auszugleichen, indem Emissionen aus anderen Ländern reduziert oder vermieden werden oder Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernt wird. Luftfahrzeugbetreiber müssen Emissionsgutschriften erwerben, um CO2 -Emissionen auszugleichen. Wie hier beschrieben, reduziert der Emissionsausgleich die Emissionen nicht. Eine von der Europäischen Kommission durchgeführte Bewertung (2020) zeigt, dass keines der im Rahmen von CORSIA genehmigten Projekte zur Kohlenstoffreduzierung und Emissionsausgleichsprogramme alle erforderlichen Nachhaltigkeitskriterien erfüllt. So fehlen z. B. Bestimmungen zur Vermeidung von Doppelzählungen, bei denen die Emissionseinsparungen sowohl von der Fluggesellschaft als auch von dem Land, das das Emissionsausgleichsprogramm ausrichtet, gezählt werden. Darüber hinaus sind die Kosten für diese Emissionsgutschriften viel zu gering – die Auswirkungen auf die Kosten eines Paris-New York-Tickets würden im Jahr 2030 wahrscheinlich 1,70 € nicht überschreiten.

Fluggesellschaften können den Emissionsausgleichsbedarf auch durch den Einsatz von Treibstoffersatzstoffen (sogenanntem „SAF“) oder kohlenstoffärmeren Flugkraftstoffen reduzieren, aber auch das wird das Problem nicht lösen (siehe hier warum). Darüber hinaus sind die Kriterien, die CORSIA für diese Kraftstoffersatzstoffe vorgeschlagen hat, sehr fragwürdig. Erlaubt sind zum Beispiel Kraftstoffe mit einer CO2 -Einsparung von nur 10 %.

Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, hat CORSIA noch einige andere Probleme:

  • Erstens ist die Teilnahme der Fluggesellschaften an CORSIA noch freiwillig, sie wird erst ab 2027 verpflichtend. Selbst in der obligatorischen Phase verfügt die ICAO nicht über die Rechtsfähigkeit, um die vollständige Einhaltung der Verpflichtung aus der Maßnahme zu gewährleisten.
  • Zweitens zielt CORSIA nur darauf ab , die CO2 – Emissionen über einen bestimmten Ausgangswert auszugleichen – ab 2024 beträgt dieser Ausgangswert 85 % der Emissionen von 2019, dem historischen Höchststand der Luftverkehrsemissionen. Unterhalb dieser Emissionsschwelle steht es den Fluggesellschaften frei, nach Belieben zu verschmutzen. Das bedeutet, dass nur der Anstieg der Emissionen angegangen wird, während der größte Teil der Luftverkehrsemissionen unberücksichtigt bleibt. Dies steht in völligem Gegensatz zu der Tatsache, dass zur Vermeidung einer Überschreitung der Schwelle von 1,5 °C zur globalen Erwärmung alle Emissionen bis 2030 um 55 % reduziert werden müssen, nicht nur das Wachstum der Emissionen über das Ausgangsszenario hinaus.
  • Drittens werden die Nicht-CO2 -Effekte des Flugverkehrs nicht berücksichtigt, was bedeutet, dass mindestens zwei Drittel der Klimaauswirkungen ignoriert werden.

All dies bedeutet, dass nur ein kleiner Teil der Emissionen bis 2035, wenn das System ausläuft, ausgeglichen wird. Die Masse wird weder abgebaut noch verrechnet. Ohne die eigenen Emissionen drastisch zu reduzieren, wird das CO2-Budget des Flugverkehrssektors bis 2030 vollständig ausgegeben. Selbst wenn es im Jahr 2027 verpflichtend wird, wird CORSIA, einschließlich der Nicht-CO2 -Effekte, nur 5 % der gesamten Klimaauswirkungen des Flugverkehrs abdecken!

Die bloße Existenz von CORSIA könnte möglicherweise strengere rechtliche Vorschriften für den internationalen Flugverkehr behindern und ist daher „schlimmer als nichts“.

EU-Emissionshandelssystem
Flüge innerhalb Europas fallen unter das EU-Emissionshandelssystem (EHS). Die Idee ist, eine Emissionsreduktion durch den Handel mit Emissionszertifikaten (Emissionsrechten) zu erreichen, die die Fluggesellschaften in Höhe der Menge an CO2 erwerben müssen, die sie im Vorjahr ausgestoßen haben. Es gibt eine Obergrenze für CO2 -Emissionen, die emittiert werden dürfen, indem die Anzahl der verfügbaren Zertifikate begrenzt wird. Dadurch sollen Emissionsreduktionen in die Sektoren gelenkt werden, in denen sie zu den geringsten Kosten umgesetzt werden können.

Das EHS hat bisher nicht zu einer Verringerung der Emissionen im realen Flugverkehr geführt (die Schätzungen reichen von 0 bis 1,5 % pro Jahr). Die Emissionen des Flugverkehrs sind seit 2013 über die festgelegte Obergrenze hinaus gestiegen. Denn es gibt viele Möglichkeiten, reale Emissionsreduktionen in diesem System zu umgehen.

  • Erstens gilt das EHS für den Luftverkehr nur für Flüge, bei denen sowohl der Start als auch die Landung innerhalb der EU stattfinden, so dass die knapp 60 % der Flüge aus oder in die EU nicht berücksichtigt werden.
  • Zweitens vergibt das System fast die Hälfte dieser Zertifikate kostenlos an Fluggesellschaften (T&E 2023, S. 23 f.). Die gute Nachricht ist, dass die kostenlosen Zertifikate ab dem 31. Dezember 2025 endlich auslaufen: Ab 2026 müssen die Fluggesellschaften für alle ihre CO2 -Emissionen innerhalb des EWR zahlen, die unter das EU-EHS fallen. Diese beiden Ausnahmen senkten den Gesamtpreis pro Tonne emittiertem CO2 erheblich.
  • Drittens werden Nicht-CO2-Effekte derzeit noch vom EU-EHS ignoriert, obwohl sie ab 2025 überwacht werden und die Europäische Kommission bis Ende 2027 einen Bericht und gegebenenfalls einen Gesetzesvorschlag vorlegen sollte, um sie zu reduzieren.

Die EU wird 20 Millionen kostenlose Zertifikate für Fluggesellschaften reservieren, die so genannte „SAF“ verwenden, die, wie hier zu lesen, ziemlich problematisch sind.

Auf EU-Ebene gibt es auch die Initiative ReFuelEU Aviation, die Teil des „Fit for 55“-Pakets ist, das darauf abzielt, die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um 55 % (gegenüber dem Stand von 1990) zu senken. ReFuelEU sieht vor, dass ab 2025 alle Flüge, die von einem EU-Flughafen abgehen, verpflichtet sind, einen stufenweise steigenden Anteil an sogenanntem „SAF“ zu verwenden; Im Jahr 2050 soll der Anteil bei 70 % liegen. Wie wir hier erläutern, ist es nicht nur sehr unwahrscheinlich, dass dieser Plan verwirklicht wird, sondern könnte auch schwerwiegende „Nebenwirkungen“ haben, und die Emissionsreduktionen könnten geringer ausfallen als behauptet.

Mehr dazu:

 

 

 

 

Warum ist Fliegen so absurd billig?

11,50 € um von Palma nach Mallorca zu fliegen?! Fliegen war noch nie billiger. Einige Flugtickets kosten weniger als das Zugticket in die nächste Stadt. Wie ist das möglich? Fliegen ist kein billiges Fortbewegungsmittel, es wird durch Subventionen billig gemacht. Und am Ende zahlt immer jemand.

Steuerbefreiungen für die Flugverkehrsindustrie

Zum einen ist die fehlende Regulierung (wie hier erklärt) ein wichtiger Grund für diese günstigen Preise. Auf der anderen Seite hat die Flugverkehrsindustrie verschiedene steuerliche Privilegien, die sie gegenüber anderen Verkehrsträgern begünstigen. Die Kosten für Flugreisen sind heute um 60 % niedriger als 1970. Jeder – auch diejenigen, die nicht fliegen – zahlt für ein Geflecht aus Subventionen, Steuerbefreiungen und öffentlichen Investitionen, damit das umweltschädlichste Verkehrsmittel billig bleibt.

Fliegen ist im Gegensatz zu anderen Verkehrsmitteln in fast allen Ländern praktisch steuerfrei. Während Autokraftstoff oder Heizöl besteuert werden, wird Flugkerosin nicht besteuert. Kerosinsteuern, wenn es sie überhaupt gibt, werden nur in wenigen Ländern auf einem sehr niedrigen Niveau erhoben als die Besteuerung von Benzin und Diesel (siehe Grafik).

Die Daten in der Grafik (bezogen auf das Jahr 2021) decken 71 Länder ab, die zusammen für etwa 80 % der weltweiten Treibhausgasemissionen und des Energieverbrauchs verantwortlich sind. Bei den angegebenen Daten handelt es sich um die Summe der Kosten für Zertifikate in Emissionshandelssystemen, Kohlenstoffsteuern und Verbrauchssteuern für Kraftstoffe abzüglich der Subventionen für fossile Brennstoffe, die die Preise für fossile Brennstoffe vor Steuern senken.

Im Gegensatz zu lebenswichtigen Produkten wie Lebensmitteln und Medikamenten sind Flugtickets fast immer von der Mehrwertsteuer (MwSt.) befreit. Weltweit wird auf internationalen Flügen niemals Mehrwertsteuer erhoben (eine kleine Ausnahme ist Indien, aber nur, wenn das Ticket in Indien gekauft wird). Auf Inlandsflügen wird keine oder eine ermäßigte Mehrwertsteuer erhoben. In vielen Ländern, darunter auch in einer Reihe von EU-Staaten, gibt esTicketsteuern, aber sie sind immer noch zu niedrig, um Auswirkungen auf die Emissionen des Luftverkehrs zu haben.

Diese Steuerbefreiungen bedeuten, dass den EU-Regierungen allein im Jahr 2022 34 Mrd. € an Steuernentgangen sind.

Hinzu kommt, dass Flugzeughersteller von staatlichen Subventionen profitieren, was zu billigeren Flugzeugen führt. Laut WTO (2018) wurden die Flugzeughersteller Boeing und Airbus von der EU und den USA mit Milliarden an unfairen Subventionen belohnt. Darüber hinaus zahlt fast kein Flughafen Grundsteuer auf seine Grundstücke und Einrichtungen.

Ausbeutung der Besatzung
Während die Flugverkehrsindustrie immer höhere Gewinne erzielt, steigt der Druck auf ihre Mitarbeiter*innen. Die Arbeitsbedingungen, die Qualität und die Sicherheit verschlechtern sich, Stress und Burnout nehmen zu. Qualifiziertes Personal wird zunehmend durch unerfahrene, billigere Teilzeitbeschäftigte ersetzt. Vor allem bei Billigfluggesellschaften geht das Modell auf Kosten der Mitarbeiter*innen.

Nun sieht sich die größte europäische Fluggesellschaft Ryanair daher mit Protesten der Gewerkschaften konfrontiert. Das Unternehmen sucht nach den schwächsten Verträgen in der EU und lagert Arbeitskräfte über Agenturen und Scheinselbstständigkeitsmodelle aus. Ryanair nutzt auch die Strategie der aggressiven Unterdrückung von Gewerkschaften und Feindseligkeit gegenüber den Rechten der Arbeitnehmer*innen, sich zu organisieren, zu äußern und eine Vertretung zu suchen, frei von Schikane und Repressalien. Nach einer großen Kampagne war der Kampf gegen Ryanair teilweise erfolgreich.

Mehr dazu:

 

 

 

 

Welche politischen Veränderungen brauchen wir?

Auf einem endlichen Planeten kann es kein unendliches Wachstum geben. Anstatt das Wachstum des Flugverkehrs grün zu waschen, ist es an der Zeit, den Flugverkehr zu reduzieren. Wir brauchen Züge, keine Flugzeuge. Lasst uns reisen, als gäbe es ein Morgen, und Alternativen entwickeln. Und hören wir auf, die Luftfahrtindustrie mit Steuergeldern zu überschütten.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den Flugverkehr anzugehen. Es muss auf gerechte Maßnahmen geachtet werden: Es ist nicht fair, nur die Preise für Flugtickets zu erhöhen und nur wohlhabenden Menschen das Fliegen zu erlauben. Wie man das Fliegen gerecht reduziert, war das Thema einer Stay Grounded Konferenz, die im Juli 2019 in Barcelona stattfand. Die Ergebnisse sind im Bericht „Reduzierung des Flugverkehrs nachzulesen. Einen Überblick über die verschiedenen politischen Forderungen, an denen das Stay Grounded Network arbeitet oder arbeitet, findet sichhier.

Es gibt keine einzelne Maßnahme, mit der alle Probleme angegangen werden können, so dass ein Bündel verschiedener Maßnahmen erforderlich ist, zum Beispiel:

  • Steuern auf den Flugverkehr: Mehrwertsteuer, Kerosinsteuer, Ticketsteuer: Schadstoffsteuern, wie eine CO2-Steuer, sind notwendig und längst überfällig. Und weil wir alle indirekt Billigflüge und leichtfertige Häufigflüge der Reichen subventionieren, wären Steuern auf Kerosin und Flugtickets eine sozial gerechte Maßnahme. Das Steuersystem muss jedoch auch direkt auf den Status des Fliegens als Luxusaktivität abzielen.
  • Vielfliegerabgabe und Flugmeilenabgabe: Vielfliegern kann eine progressive Abgabe auferlegt werden, anstatt wie bisher auf Kosten der Steuerzahler*innen subventioniert zu werden. Ein weiterer Schritt ist die Beendigung der zahlreichenVielfliegerprogramme, die unnötiges Fliegen fördern.
  • Obergrenzen oder Verbote auf Flügen: Aber ohne die Festlegung absoluter Grenzwerte auf breiter Front reicht eine Änderung der Flugpreise allein nicht aus, um sie ausreichend zu senken oder die Umweltverschmutzung zu verringern; Die Reichen können sich immer aus der Verantwortung herauskaufen. Begrenzungen sind ein normaler Teil des täglichen Lebens, den wir für unsere kollektive Sicherheit akzeptieren – Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Straßen, Alkoholgrenzen für Autofahrer*innen usw. In diesem Sinne ist der effektivste Weg, den Flugverkehr zu reduzieren, die direkte Begrenzung der Anzahl der Flüge. Z. B. die Abschaffung von Kurzstrecken, auf denen alternative Verkehrsmittel leicht genutzt oder gebaut werden könnten, oder die Begrenzung der Anzahl der Abfahrten pro Tag auf bestimmten Strecken. Bestimmte Flüge sollten generell verboten werden. Z.B. Kurzstreckenflüge, ungesunde Nachtflüge und Privatjet-Flüge. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass einige wenige Reiche die Atmosphäre, die wir alle teilen, auf Kosten unserer gemeinsamen Zukunft verschmutzen.
  • Keine neue Flughafeninfrastruktur
  • Alternativen zum Fliegen fördern: Wie oben beschrieben, emittieren Zugfahrten nur einen Bruchteil des CO2 pro Personenkilometer eines Fluges. Außerdem sind Busfahrten viel energieeffizienter als Flüge. Unzureichende Finanzierung und künstlich verbilligter Flugverkehr haben zu einer Vernachlässigung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur geführt. In ärmeren, ländlichen Gebieten und vor allem im Globalen Süden fehlen selbst grundlegende Verkehrssysteme. Wir brauchen reibungslosere Buchungssysteme und faire Preise, den Ausbau bzw. eine bessere Nutzung der öffentlichen Verkehrsinfrastrukturen. Zwei unserer Mitglieder, „Oui au train de nuit“ in Frankreich und „Back on Track“ in Europa, haben politische Forderungen zur Förderung von Nachtzügen entwickelt. Eine weitere Alternative zum Flug sind Online-Meetings, vor allem als Ersatz für Geschäftsreisen. Virtuelle Meetings können integrativer sein als physische, so dass auch Menschen mit Zeitbeschränkungen, Betreuungspflichten, finanziellen Einschränkungen oder Menschen an abgelegenen Orten an der Veranstaltung teilnehmen können.
  • Lobbyismus der Flugverkehrsindustrie verbieten: Es gibt massives Lobbying für die Interessen der Luftfahrtindustrie, z.B. auf europäischer Ebene. Eine Studie ergab, dass die größten europäischen Fluggesellschaften und die International Air Transport Association (IATA) Lobbyarbeit bei Entscheidungsträgern betrieben haben, um die Umweltziele der EU-Klimapläne für den Flugverkehr zu schwächen.
  • Änderungen der Reiserichtlinien von Organisationen: Geschäftsreisen machen einen erheblichen Anteil der Flugverkehrsemissionen aus. Gleichzeitig lassen sie sich oft leicht durch virtuelle Meetings oder Zugreisen ersetzen. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, den CO2-Fußabdruck von Unternehmen zu reduzieren und Änderungen in der Reisepolitik einzuleiten.
  • Verhaltensänderung: Die Änderung des Reiseverhaltens ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Klimakrise. Indem wir spannende Geschichten über „geerdete“ Reiseerlebnisse erzählen, können wir Familie und Freunde dazu inspirieren, es uns gleichzutun. Wenn wir alle politischen Druck aufbauen, können wir das System so ändern, dass bodenständiges Reisen für alle zugänglich wird.
  • Unterstützung eines „gerechten Übergangs“: Angesichts des drohenden Zusammenbruchs des Klimas, potenzieller klimabedingter Pandemien und der Fortschritte bei der Automatisierung und Digitalisierung müssen wir realistisch sein: Flugverkehr und Tourismus werden sich verändern – und zwar entweder durch unser Tun oder durch eine Katastrophe. Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich hier.
  • Realistische Bilanzierung der Klimaauswirkungen des Flugverkehrs: Die wirklichen Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima sind weit mehr als nur CO2. Wir müssen politischen Institutionen dazu bringen, endlich die tatsächlichen Klimaauswirkungen des Flugverkehrs anzuerkennen.
  • Einschränkung der Werbung für Flugreisen: Die Werbeindustrie spielt eine aktive Rolle bei der Ankurbelung der Nachfrage nach Flugverkehr. So wie wir die Tabakwerbung beendet haben, als wir die durch das Rauchen verursachten Schäden erkannten, ergreifen viele Kommunalverwaltungen jetzt Maßnahmen, um Werbung für CO2-intensive Waren und Dienstleistungen zu verbieten. Es gibt viele kreative Möglichkeiten, der Werbung von Fluggesellschaften entgegenzuwirken und öffentlichen Druck aufzubauen.
  • Verbot staatlicher Förderung/Subventionen für den Flugverkehr
  • Investitionsabzug aus der Flugverkehrsindustrie

 

 

 

Wie wirkt sich der Flugverkehr auf die Gesundheit aus?

Das Fliegen wird zwar oft als sorgloses und bequemes Fortbewegungsmittel dargestellt, ist aber schädlich für die menschliche Gesundheit. Dies gilt zwar insbesondere für diejenigen, die häufig fliegen, wie Kabinenbesatzungen, Pilot*innen und Vielreisende, aber auch Menschen, die nicht fliegen, tragen die Konsequenzen. Fluglärm, Emissionen und damit verbundene Gesundheitsprobleme treffen einkommensschwache Gemeinden und Flughafenbeschäftigte unverhältnismäßig stark.

Fluglärm kann zu weitreichenden gesundheitlichen Problemen führen, die die Anwohner in der Nähe von Flughäfen betreffen, insbesondere nachts. An einigen Flughäfen gibt es Ausgangssperren, die ausgeweitet werden sollten.

Durch das Verbrennen von Flugzeugtreibstoff werden Schadstoffe freigesetzt, die Tausende vorzeitige Todesfälle verursachen. Ein großes Problem sind ultrafeine Partikel, die tief in die Lunge eindringen und sogar in den Blutkreislauf gelangen. Es braucht gute Messungen und strenge Luftverschmutzungsregulationen für Gebiete in der Umgebung von Flughäfen.

Die Reduzierung der Anzahl der Flüge und der Stopp des Flughafenausbaus sind die besten Lösungen, um sowohl den Gesundheitsproblemen als auch dem Klimakollaps entgegenzuwirken. Anwohner*innen, Gesundheitsorganisationen, die Klimabewegung und Arbeiter*innen können starke Koalitionen bilden, um eine faire Reduzierung des Luftverkehrs und eine gesündere Zukunft für alle zu erreichen.

Mehr zu diesem Thema liefert unser Bericht „Flugverkehr ist ein Gesundheitsthema„.

 

 

 

Welche Auswirkungen hat der militärische Flugverkehr?
Der militärische Flugverkehr stößt bei der Herstellung und im Betrieb erhebliche Mengen an Emissionen aus. Aufgrund des Mangels an unabhängigen, öffentlichen Studien über den militärischen Treibstoffverbrauch ist es schwierig, genaue Zahlen zu erhalten. Es wird geschätzt, dass der militärische Flugverkehr 8 bis15 % dieser Gesamtausgaben ausmacht, wobei die Militärausgaben steigen. Der militärische Flugverkehr stößt bei der Herstellung und im Betrieb erhebliche Mengen an Emissionen aus. Aufgrund des Mangels an unabhängigen, öffentlichen Studien über den militärischen Treibstoffverbrauch ist es schwierig, genaue Zahlen zu erhalten. Es wird geschätzt, dass der militärische Flugverkehr 8 bis15 % dieser Gesamtausgaben ausmacht, wobei die Militärausgaben steigen. Militärische Emissionen entziehen sich seit Jahrzehnten der Überprüfung durch das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und sind in der Praxis weiterhin von internationalen Klimaschutzverpflichtungen ausgenommen. Obwohl argumentiert werden kann, dass der militärische Flugverkehr unter die national festgelegten Beiträge (NDC) fallen sollte, weigern sich viele Länder den Treibstoffverbrauch des Militärsektors anzugeben. Dies führt dazu, dass die Emissionen des militärischen Flugverkehrs effektiv außen vor bleiben. Die Auswirkungen des militärischen Flugverkehrs gehen jedoch weit über die Klimabelastung hinaus, da Kriege verheerende Folgen für die Menschen haben. Die Berücksichtigung seiner Emissionen wäre ein wichtiger Schritt. Von dort ist es jedoch noch ein langer Weg zu einer friedlichen und klimagerechten Welt ohne militärischen Flugverkehr, Waffen und Kriege. Mehr zum Thema: Artikel von Stay Grounded: A Tradition of Camouflage. Studie von World Beyond War: Demilitarization for Deep Decarbonization.