Der Kampf gegen Kommerzialisierung, Enteignung und Umweltrassismus wird fortgesetzt. Durch lokalen Aktivismus und Zusammenarbeit von verschiedenen Gruppen konnten die Erweiterungspläne für den King County International Airport in Seattle, USA, gestoppt werden. Doch es muss weiterhin sichergestellt werden, dass die Anliegen der betroffenen Gemeinschaften bei der Flughafenplanung im Mittelpunkt stehen. Dieser Artikel von Savannah Helming und Laura Gibbons für das 350 Seattle Aviation Team untersucht, was wir aus diesem Kampf lernen können.
In den Vierteln von South Seattle in der Nähe vom King County International Airport (KCIA) ist die Lebenserwartung der Bewohner*innen, die im Umkreis von einer halben Meile um den Flughafen leben, um acht bis zehn Jahre geringer als die ihrer Nachbarn. Grund dafür sind die Luftverschmutzung und die Emissionen von verbleitem Treibstoff, der von kleineren Flugzeugen verwendet wird.
Die Anwohner*innen leiden auch häufiger an Gesundheitsproblemen wie Bluthochdruck, Krebs und chronischen Erkrankungen der unteren Atemwege. Darüber hinaus wird der Duwamish River, der in der Nähe des Flughafens fließt, von der Environmental Protection Agency als einer der am stärksten verschmutzten Flüsse des Landes eingestuft.
Auswirkungen von Flugverkehr und Umweltrassismus auf die Menschen vor Ort
Die Mehrheit der Einwohner*innen in der Nähe des Flughafens sind People of Color, und der Stadtteil hat eine höhere Armutsquote als King County als Ganzes. Von den 5.600 Einwohner*innen, die im Umkreis von einer halben Meile um den Flughafen leben, sind 74 Prozent People of Color und 52 Prozent sprechen eine andere Sprache als Englisch.
Der Masterplan der Federal Aviation Administration (FAA) für den Ausbau des Flughafens von King County im Jahr 2019 unterstreicht daher, dass Rassismus und Umweltschäden eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen.
KCIA, auch bekannt als Boeing Field, ist ein staatlicher Flughafen, der sich vier Meilen südlich der Innenstadt von Seattle befindet. Wie auf der
Ein jahrzehntelanger Kampf
Der Kampf gegen den KCIA ist nicht neu. Seine Wurzeln lassen sich bis in die späten 1990er Jahre zurückverfolgen. Damals versuchte King County, das Gebiet South Seattle einschließlich des Viertels Georgetown in eine ausschließlich kommerziell genutzte Zone umzuwandeln. Im Rahmen dieser Pläne wollte der Flughafen laut Marvin McCoy, einem Anwohner, der in den 1990er Jahren an den Protesten gegen die Expansionspläne beteiligt war, die gesamte Nachbarschaft durch Enteignung aufkaufen.
„Es gab noch einige alte, heruntergekommene Häuser, die preiswert waren, und Wohnraum in der Stadt war teuer“, sagte McCoy. „Die Leute zogen in die heruntergekommenen Häuser und renovierten sie. Ich glaube nicht, dass die Stadt das hat kommen sehen… die Stadt hat nicht damit gerechnet, dass die Leute in ein Gebiet mit heruntergekommenen Häusern ziehen und bereit sind, sie so zu renovieren, wie sie es in Georgetown getan haben.“
McCoy und andere Anwohner*innen, die sich wehrten, reichten in den 1990er Jahren eine Klage gegen King County ein. „Die Klage, die wir eingereicht haben, hat nicht viel bewirkt, aber sie hat die Art und Weise verändert, wie der Bezirk die Einwohner betrachtet“, sagte McCoy. „Dann fingen alle an, zu Bürgerversammlungen zu gehen und [der Bezirk] hörte uns danach wenigstens zu.“
Aktivist*innen der Kampagne gegen den King County Airport
Aufbau einer Koalition für mehr Gerechtigkeit
Mit der Veröffentlichung des FAA-Masterplans kündigte King County im Jahr 2019 seine Pläne zur Erweiterung des Flughafens an. Diese sehen den Bau einer verlängerten Start- und Landebahn, zusätzliche Flugzeugparkplätze und zusätzliche Treibstofflager vor. Durch diese Erweiterung würde sich die Zahl der Flüge zum und vom Flughafen erhöhen und der Erwerb zusätzlicher Grundstücke würde erleichtert werden. Bei der Ausarbeitung dieser Pläne waren keine Anwohner*innen beteiligt.
Mehrere Personen, die sich in lokalen Organisationen engagieren, nahmen an einem Treffen des Bezirks über die Erweiterung teil und beschlossen anschließend, sich gegen diese zu organisieren. Sie gründeten die KCIA Community Coalition (KCIACC), der verschiedene lokale und Umweltgruppen angehörten, darunter die Duwamish River Community Coalition, Puget Soundkeeper, das 350 Seattle Aviation Team, der Beacon Hill Council und Friends of Georgetown History. Die mangelnde Einbeziehung der lokalen Gemeinschaft und die fehlende Zusammenarbeit mit dem KCIA waren wichtige Punkte, die Anlass zur Besorgnis gaben, insbesondere im Hinblick auf den Kampf um Gerechtigkeit in King County. Die Gemeindemitglieder und Organisatoren waren vor allem daran interessiert, sicherzustellen, dass BIPOC (Schwarze, Indigene und People of Color) sowie einkommensschwache Bewohner*innen, die am stärksten von diesen Plänen betroffen wären, in den Planungsprozess einbezogen werden.
„Wir haben uns an den King County Council gewandt und gesagt: ‚Hören Sie, wenn Sie am King County International Airport etwas verändern wollen, müssen Sie uns das mitteilen'“, sagte Velma Veloria, ehemalige Repräsentantin des Staates Washington und ehrenamtliche Organisatorin von KCIACC.
KCIACC legte dem King County Council eine Liste mit zwölf Forderungen vor. Darunter befanden sich eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung für den Flughafen, die Aufnahme von zwei Anwohner*innen in den KCIA Roundtable – eine Beratungsgruppe mit Vertreter*innen der umliegenden Gemeinden und Unternehmen aus dem Flugverkehr – sowie die Ausarbeitung eines Abkommens über Gemeinnützigkeit.
Da der Bezirk diesen Forderungen nicht nachkam, brachte KCIACC das Thema in die lokalen Nachrichtenmedien, was laut Veloria eine wichtige Organisationsstrategie war. „Wir haben es in den South Seattle Emerald geschafft, der Stranger hat einen Artikel über uns geschrieben und wir waren im Radio zu hören“, so Veloria.
Der Schlüssel zu ihrem Erfolg war intensives Community Organizing
Community Organizing stoppte die Expansionspläne
Eine weitere wichtige Strategie der Organisation, um sich gegen den Masterplan zu wehren, war die Aufklärung der Anwohner*innen über die schädlichen Auswirkungen von verbleitem Treibstoff und die Lärmbelästigung durch den Flughafen. „Wir haben den Anwohner*innen eine PowerPoint-Präsentation gezeigt, und das war wirklich interessant, denn die meisten kannten weder die Verfahren noch den Prozess, mit dem der King County International Airport seinen 20-Jahres-Plan erstellt“, sagte Veloria.
Nach monatelangem Engagement vor Ort und Aufklärungsarbeit, Presseberichten und Gesprächen mit KCIA und King County stimmte der King County Executive Dow Constantine zu, die Erweiterung nicht weiter voranzutreiben. „Der größte Teil unserer Arbeit besteht in Community Organizing, wozu auch Informationsveranstaltungen, interaktive Berichte mit anderen Organisationen und Kandidatenforen gehören“, sagte Veloria. „Wir haben Veranstaltungen organisiert, um die Auswirkungen von verbleiten Kraftstoffen zu erklären und die Anwohner*innen über unsere Herausforderungen und Erfolge auf dem Laufenden zu halten. Wir haben dafür gesorgt, dass jeder Erfolg gefeiert wird und dass wir bei jeder Herausforderung standhaft bleiben. Wir arbeiten weiterhin mit den Anwohner*innen zusammen, um sie über die nächsten Schritte aufzuklären. Momentan geht es vor allem um die Auswirkungen von verbleitem Benzin.“
Für KCIACC geht es bei Community Organizing vor allem darum, Vertrauen zu Nachbar*innen und der Gemeinschaft als Ganzer aufzubauen. Jede Präsentation, die sie in Schulen und anderen Organisationen hielten, war speziell auf das jeweilige Publikum zugeschnitten, um die Gemeinschaft über die Probleme aufzuklären, mit denen sie konfrontiert ist. Die Gruppe stellte auch Dolmetscher*innen für die vier am häufigsten gesprochenen Sprachen der Anwohner*innen ein: Khmer, Spanisch, Vietnamesisch und Kantonesisch.
„Letztendlich wollen wir die Anwohner*innen über die schädlichen Auswirkungen des KCIA auf die Gesundheit aufklären. Wir wollen bei den Verhandlungen am Tisch sitzen, wenn diese Pläne gemacht werden, damit wir eine stärkere Stimme haben“, sagte Veloria. „Unsere Gemeinschaften sind dringend auf diese Art von Informationen angewiesen.“
Der Kampf geht weiter: die Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellen
Im Jahr 2023 schlug KCIACC für King County die Verordnung 2023-0053 vor, die vier Forderungen enthielt: zwei zusätzliche Sitze am Runden Tisch für Beacon Hill und South Park, die Einrichtung eines beratenden Unterausschusses des Runden Tisches, der das Flughafenmanagement, die Exekutive des Bezirks und den Bezirksrat berät und Empfehlungen abgibt, die gemeinsame Erstellung und Aufrechterhaltung eines Abkommens durch King County, den Flughafen und den Unterausschuss, das sich mit den ökologischen, klimatischen, gesundheitlichen, wirtschaftlichen und lebenstandardsbezogenen Belangen der Bewohner*innen und Arbeitnehmer*innen in den an den Flughafen angrenzenden Vierteln des Duwamish-Tals befasst, sowie die Durchführung einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung aller Flugverkehrs-, Landverkehrs- und Flughafenaktivitäten am Flughafen alle zehn Jahre.
Zu den Gegnern der Verordnung gehörten das KCIA-Management, Pilot*innen von Kleinflugzeugen, die das Boeing Field nutzen, sowie die Boeing-Gewerkschaft. Letztere äußerte Bedenken, dass ein Stopp der Erweiterungspläne zum Verlust von Arbeitsplätzen führen würde. Sich mit einem Giganten des Flugverkehrs wie Boeing anzulegen, war laut Veloria eine Herausforderung. Die Mitglieder von KCIACC hatten bei der Verteidigung der Verordnung am meisten Erfolg, wenn sie ihre Botschaften aus der Sorge um die Anwohner*innen heraus formulierten, anstatt sich offen gegen Boeing oder den Flughafen auszusprechen. „Wir versuchen nicht, den Flughafen zu schließen“, sagte Veloria. „Wir wollen nur deutlich machen, dass die Auswirkungen des Flughafens auf die umliegenden Gemeinschaften im Blick behalten werden müssen.“
Letztendlich wurde nur eine einzige Forderung der vorgeschlagenen Verordnung erfüllt: die Aufnahme von zwei weiteren Anwohner*innen in den Runden Tisch des KCIA. Die Teilnahme am Runden Tisch ist dennoch wichtig, denn so kann die Koalition besser über die Pläne des Flughafens auf dem Laufenden bleiben. KCIACC konnte auch andere Erfolge verbuchen. So stellte das Rechnungsprüfungsamt von King County bei der Prüfung des Flughafens und seines Managements fest, dass es dem KCIA an einer klaren Strategie zum Umgang mit Umweltproblemen mangelte und die betroffenen Anwohner*innen nicht ausreichend einbezogen wurden. Zudem wurde eingeräumt, dass der Flughafen die Anwohner*innen oft erst spät in den Projektprozess einbezog. Dadurch ist es möglich, dass deren Bedenken nicht angemessen berücksichtigt oder behandelt wurden. Wie im Bericht beschrieben, „kann KCIA nicht klar aufzeigen, wie seine Bemühungen mit größeren Bezirkszielen wie dem King County Strategic Climate Action Plan und dem King County Equity and Social Justice Strategic Plan übereinstimmen“.
Obwohl die KCIACC den Ausbau des KCIA erfolgreich verzögert hat, will der Flughafen seine Expansionspläne für das Jahr 2045 wieder aufgreifen. Der endgültige Plan ist noch nicht veröffentlicht worden. Nachdem sie jedoch den FAA-Masterplan für 2019 erfolgreich gestoppt und sich für mehr Engagement bei den Anwohner*innen eingesetzt haben, sind Veloria und andere Mitglieder von KCIACC der Meinung, dass KCIA und King County ihnen eher zuhören werden. „Jetzt haben sie uns in ihr Programm aufgenommen und sie haben die breitere Gemeinschaft einbezogen, damit sie sich das ansehen können“, so Veloria. „Wir versuchen, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und Wissen zu vermitteln. Für uns ist das also ein Gewinn.“
Lessons Learned – was hat zum Erfolg geführt?
- Nichts über uns ohne uns: Ein zentrales Problem war, dass BIPOC und einkommensschwache Bewohner*innen, die am stärksten betroffen wären, nicht mit am Tisch saßen, als die Ausbaupläne gemacht wurden. Die Koalition informierte die Anwohner*innen vor Ort über die schädlichen Auswirkungen des Flughafens und die einzelnen Schritte des Planungsprozesses und setzte sich gemeinsam dafür ein, dass diese Gruppen rechtzeitig in Entscheidungen, die sie betreffen, einbezogen werden.
- Eine Koalition bilden: Die Kampagne brachte verschiedene lokale und Umweltgruppen in einer gemeinsamen Anstrengung zusammen, um Einfluss aufzubauen
- Aufbau von Vertrauen unter den Anwohner*innen: Informationsvermittlung durch Gespräche in bestehenden Organisationen, durch Informationstische bei lokalen Veranstaltungen und durch auf das Publikum zugeschnittene Botschaften hat das Vertrauen der Anwohner*innen gestärkt. Bei Veranstaltungen ist es wichtig, dass in die vor Ort wichtigsten Sprachen gedolmetscht wird.
- Erfolge feiern und den Kampf vorantreiben: Jeden Erfolg zu feiern und transparent über die nächsten Schritte zu sein, half, die Motivation und den Druck jedes Mal aufrechtzuerhalten, wenn eine neue Herausforderung anstand.
- Druck über die Medien aufbauen: Als der Bezirksrat nicht auf die Forderungen der Koalition reagierte, half die Berichterstattung in den lokalen Medien, den Druck zu erhöhen.
- Die Sorge um die Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellen: Die Botschaft, dass man sich um die Gemeinschaft kümmert und nicht gegen die Industrie oder den Flughafen ist, half der Koalition dabei, ihre Forderungen zu verteidigen und die Erweiterungspläne zu stoppen.
Wenn du an weiteren Informationen interessiert bist:
- Folge der KCIACC Facebook-Seite
- Wirf einen Blick auf das Blei-Avgas-Bildungsprojekt
- Oder schreib eine E-Mail! Kciaccwa (at) gmail.com oder Aviation (at) 350seattle.org



